Lernen ist ein Prozess der Erkenntnisgewinnung, der ursächliche und hintergründige Tatsachen von dem bis dato geprägten Bild des Suchenden und Erkennenden restrukturiert. Ein mitunter mit Schmerz behafteter Prozess, da alt geglaubte Erkenntnisse möglicherweise vollständig verlustig gehen und einer sich in neuer Zeit mit neuem Raum und anderen Möglichkeiten wiederfindet. Es kann eine Erweiterung des individuellen Erkenntnishorizonts, eine engmaschigere Vernetzung des eigenen Wissens und eine größere Belastbarkeit der eigenen Wahrheiten sowie eine breitere Anwendbarkeit seiner (Re)Konstruktion seiner Welt bedeuten. Allem Neulernen geht das Ablegen der eigenen Schamhaftigkeit bezüglich seines Unwissens voraus und der nackten Auseinandersetzung mit seiner persönlichen Unfähigkeit in dem was neu erlernt werden möchte. Sofern kein Zugang zu der neuen Thematik sich erschließen lässt, so kann ein verengender Zirkelweg den Umgang gewähren, den der Lernende mit den Brücken der Nachahmung, der Abstraktion und des Humors versucht so weit zu schließen, bis ein umfassenderes Abbild in die neue Realität eingebaut werden kann. Der Antrieb der (kinderhaften) Neugier geht mit der „Unterordnung“ des Suchenden bzw. des Erkennenden gegenüber des Unbekannten und Neuen einher, sollte aber nicht an der (ursprünglichen) Idee (neu) erkranken, sich über das neue Wissen zu erheben und der Weisheit letzter Schluss zu behaupten. Vielmehr sollte eine geistige und körperliche Ruhe Einzug halten, wenn das neue Wissen wohl geordnet in das eigene Weltbild integriert und organisiert wurden ist und immer den Raum für eine Reformierung von diesem zu geben. Es gilt so lange bis nichts anderes gilt. Ein offenes, mit der Möglichkeit der Restrukturierung versehenes Weltbild setzt eine Wachsamkeit der Wahrnehmung voraus, geht mit einem Verlust des arroganten Egos einher und hat das lebenslange Lernen als Folge. Möglicherweise ein faires Angebot für sich, seine Mitmenschen und das Leben? Das Wissen zu bewerten, setzt eine kulturbezogene Auseinandersetzung mit der sittlichen Entfaltung innerhalb der moralischen Grenzen und kulturellen Moden mit dem Prüfstein der sinnvollen Anwendbarkeit auf das grauschattierte Brett vom Geschenk des Lebens. Festgehalten sollte vielleicht jenes Wissen, welches sich am Ende ein Leben lang bewährte. Wissbegier ist eine Suche nach Wahrheit und Wahrheit ist Heilung. Am Ende kann ein jeder sich nur selbst enttäuschen und im besten Falle dem Glauben jemals alles wissen zu können. Nichts bleibt, wie es ist, außer das, was tatsächlich ist. Es ist eine Lernen als ein Verlust arroganten Egos Seite 2 von 2 Entscheidung sich dem tyrannischen, im eigenen Wissen an Selbstgefälligkeit überbietendem, König sich hinzugeben oder dem sich transformierenden demütigen Narren eine echte Chance auf Erkenntnis zu ermöglichen.
Gez. J. G., Freiberg, 03.07.2021