Die Unzufriedenheit mit dem (eigenen) Leben und gleichzeitig die Resignation vor ihm (mit einem darin) und der Wunsch der Wirklichkeit endgültig zu entfliehen kann zum (notwendigen) Wahnsinn führen- speziell genau der Art von Traumzustand, in dem sich ein selbständiges Leben postulieren ließe. Sie ist die Überzeugung des Trägers einer Vorstellung nachzugehen, die weder durch die Erfahrung noch durch die zwingende Logik eine Korrektur finden muss und kann. Ein Definitionsansatz, welcher das Genie und den Visionär ebenso einbettet, wie die Menschen, die glauben unter algorithmischen Bedingungen unterschiedliche Ergebnisse erhalten zu wollen. Umfassender gesagt: die Beschreibungskategorie bestimmter seelischer Zustände, die in Furcht vor ihrer Anormalität entweder in absolute Diskretion einhergehen oder absolut publik gemacht werden. Getreu nach dem Motto: So auch ein Jeder oder ein Niemand es weiß. Die Wahrnehmungsdegradierung ist wohl jedem Künstler gut bekannt und ist ein jeder nicht auch…Überlebens-Künstler? Einige sehen im (wahnsinnigen) Leiden sogar die Notwendigkeit, die Bedingung zur kreativen Entfaltung der Menschen. Wahngetrieben zu sein bedeutet auch einen der größten Schaffenskräfte sein eigen wissen zu können. Was gestern unvorstellbar oder streng unzulässig war – quasi unter Wahn stand – wird heute selbstverständlich; wir wundern uns über die Intoleranz und Inkompetenz (?) von früher und andersherum. Die Gleichgültigkeit über das eigene Schicksal schlägt sich in die Gleichgültigkeit über die Welt nieder, so in die Gleichgültigkeit gegenüber aller Menschen darin; die Welt existiert dann spätestens mit dem eigenen Tod… nicht mehr? Menschliche Auseinandersetzungslust und gleichzeitig der Glauben an die harmonische Zukunft ohne Leiden und Qualen sind das Paradoxale; das Wahnsinnige bei dieser Auseinandersetzung ist die Tatsache, dass der Künstler sich mit der Gesellschaft identifiziert und gleichzeitig sich ihr entgegenstellt…darin besteht die Kunst in der Kunst. Letztendlich handelt es sich um die Suche nach Wahrheit und nach dem Sinn des Lebens; der Wahnsinn ist bei dieser Suche entweder das durchaus notwendige Mittel oder das Ziel oder die Konsequenz bis hin zur Heilung. Eine Kritik der Gesellschaft, der herrschenden Ordnung, der Vorstellungen und der Mentalität der Menschheit ist dabei von zeitloserem Charakter, wobei sich Minderwertigkeitskomplexe im Verlaufe der Erzählungen häufig zum Größenwahn entpuppten…
Gez. J. G., Freiberg, 21.07.2021