Liebe Brüder, liebe Besucher unseres Logenseite
Als unsere Loge sich gründete, gaben wir uns den Namen „Krone im Elbtal“. Zum rituellen Zeitpunkt der Lichteinbringung am 23. November 2019 ahnte niemand von uns, dass wir pandemiebedingt schon bald nicht mehr bzw. nur eingeschränkt arbeiten konnten. Paradoxerweise heißt unser Logenname „Krone“ ins Spanische übersetzt auch noch „Corona“.
Viele von uns fragten sich, ob diese Pandemie aus der „Büchse der Pandora“ neben den gesundheitlichen und gesellschaftlichen Verwerfungen auch etwas Anderes mit sich bringen wird. Corona – quasi auch als „Quell der Hoffnung und Chance für die Gesellschaft“? Als Möglichkeit für eine Neujustierung im privaten Bereich, aber auch und vor allem in der Gesellschaft.
Wird die Konzentration auf die eigenen vier Wände, den engsten Familienkreis zu einer Verhaltensveränderung führen? Werden gesellschaftliche Hemmnisse, wie die Vielzahl an Krankenkassen oder das dezentral durch die Bundesländer organisierte Gesundheits- und Bildungswesen, Corona auch als Katalysator und Anstoß für Veränderungen nutzen?
Eine Chance auch dafür, hoheitliche Aufgaben wieder dort anzusiedeln, wo sie hingehören: als Aufgabe des Staates wie z.B. die Pflege, die inzwischen fast komplett durch Caritas und private Unternehmen getragen wird und sehenden Auges tariflich unter dem Radar von Tarifverträgen läuft.
Oft erinnert diese Form der “Arbeitsteilung“ ansatzweise an die Justiz, in der ein Straftäter -im besten Fall- vom Richter im Namen des Volkes verurteilt wird, die Opfer -so sie Glück haben- vom „Weißen Ring“ betreut werden, einer privaten Organisation. „Outsourcing“ würde man das in der Wirtschaft nennen.
Wird die gelebte nachbarschaftliche Solidarität im Jahr 2002, in der Zeit des -sichtbaren- Feindes Hochwasser wieder auferstehen vor dem Hintergrund einer neuen -diesmal unsichtbaren- Bedrohung durch ein Virus? Wenn die „Büchse der Pandora“ einen Knall verursachte, wurde er zumindest nicht erhört. Weder vom meldefreudigen Nachbarn hinter der Gardine noch vom Politiker, der im Lebenszyklus ständiger Wiederwahl verharrt und erstarrt.
Werden wir die drängenden Fragen der Zukunft mit den Mitteln der Gegenwart lösen? Werden wir weiter dem permanenten Drang einer ungehemmten wirtschaftlichen Entwicklung unter Verschwendung aller Ressourcen folgen oder gelingt es uns, unseren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Erde zu übergeben? Wir sind nur Gast auf dieser Erde, leider verhalten wir uns oft nicht so. Ist unsere jetzige Gesellschaft, sind wir dazu überhaupt willens und noch in der Lage?
Wir sollten sehr aufpassen, dass wir vor lauter Schwarz und Weiß die Grautöne im Leben nicht zu sehr verdrängen: Ist der gesellschaftliche rhythmische Beifall für die Pflegekräfte „Ausgleich“ an Stelle einer leistungsgerechten Entlohnung?
Sind die Verstümmelung der deutschen Sprache durch Gendersternchen oder die Umbenennung des Zigeunerschnitzels wirklich tagesaktuell notwendige Reaktionen auf Ungerechtigkeiten oder schon selbstgefälliger wohlfeiler Aktionismus einer selbst ernannten Sprachpolizei? Welche Probleme löse ich konkret damit? Wäre das nicht eher vergleichbar mit dem Austausch der Notenblätter der Kapelle, die den Untergang der Titanic an Bord musikalisch umrahmte?
Ich denke, wir haben genügend Themen in der Gesellschaft vor uns, für die ein farbenfrohes Überstreichen großflächiger Altroststellen nicht mehr ausreicht wie z.B. die Veränderung der Arbeitswelt in zunehmendem Tempo, die Verschiebung des Generationenmodelles durch die Überalterung der Gesellschaft und nicht zukunftstaugliche Sozial- und Rentensysteme.
Der Frühling steht ins Haus. Das Erwachen der Natur. Freimaurerei kann sich nur entwickeln und entfalten in einer freien gesellschaftlichen Atmosphäre.
Freimauerei steht weder für Religion noch für Partei. Das sollte aber jeden Einzelnen von uns nicht von einer ergebnisoffenen „Einmischung“ in den gesellschaftlichen Diskurs abhalten.
von Carsten Hacker